Hier ist nun mein erster richtig großer Schlachtbericht zu Twilight of Divine Right – die Schlacht bei Stadtlohn (6.August 1623), die zwischen den Heeren der katholischen Liga (unter Graf Tilly) und einem protestantischen Heer unter Christian von Halberstadt-Braunschweig stattfand.
Hintergrund
Ein Jahr nach dem Sieg bzw. der Niederlage (abhängig davon, wessen Bericht man liest) bei der Schlacht von Fleurus unternahm Christian von Halberstadt-Braunschweig (der „tolle Halberstädter“), mit einer neu ausgehobenen Armee einen Feldzug durch den Kreis Niedersachsen. Dies zog die Aufmerksamkeit des Grafen Tilly auf sich, und er machte sich mit seiner ligistischen Armee (voller Veteranen) auf, um den Halberstädter zu stellen.
Dieser zog schnell ab in Richtung der Niederlande, wo sein Chef, der geächtete Kurfürst Friedrich V. von der Kurpfalz und seine Frau Elisabeth Stuart (deswegen auch großzügige finanzielle Unterstützung aus England) saßen.
Tillys besser diszipliniertes Heer war ihnen dicht auf den Fersen, so dass Christian kleine Abordnungen an Engpässen zurückließ um den Feind aufzuhalten. Das half allerdings nicht viel, und am 6.August 1623 hatte Christian keine andere Möglichkeit als sich nur wenige Kilometer vor der niederländischen Grenze der Schlacht zu stellen.
Das Szenario
Das protestantische Heer hatte eine Nachhut unter Franz Bernhard von Thurn beim kleinen Dorf zurückgelassen. Die Hauptstreitmacht unter Christian von Halberstadt-Braunschweig und Dodo von Knyphausen, gemeinsam mit der Kavalleriereserve unter Christian von Braunschweig dem Jüngeren, bezog Stellung auf einem Hügel.
Ihre Aufgabe ist es im Grunde im Angesicht des Angriffs von Veteranen am Leben zu bleiben. Außerdem versuchen sie den (laaaaaaaaaaangsamen) Tross des Heeres über die beiden Brücken über die Berkel zu evakuieren. Die Brücken führen nach Stadtlohn, wo sie in relativer Sicherheit wären. Schaffen sie das darf die protestantische Seite einen „Moralsieg“ verbuchen, auch wenn das Heer anschließend im Feld geschlagen wird.
Tillys Heer betritt das Schlachtfeld aus dem Eck jenseits des kleinen Flusses. Erst erscheint die Vorhut, kommandiert von dem fähigen Johann Jakob von Anholt. Ein Weile später (es wird gewürfelt) folgt Timon von Lintelos Reitertruppe, und schlussendlich dann die Hauptstreitmacht unter dem Grafen Tilly und Jost Graf von Gronsfeld. Ihre Aufgabe ist es, die protestantische Armee zu zerschlagen.
Der Tisch den ich aufgebaut habe ist 5’x6,5′ groß, die Basenbreite mit der ich rechne ist 5cm und ich hab natürlich wie immer meine 10mm Figuren verwendet. Gespielt hab ich wieder solo.
Die Heere
Das ligistische Heer
Vorhut: 2 Tercios, 1 Regiment, Kürassiere, Arkebusiere
Kavallerie: Größtenteils Kürassiere, unterstützt durch kleine Einheiten Arkebusiere und Kroatische leichte Kavallerie
Hauptstreitmacht: 6 Tercios, Kanonen, je einmal Kürassiere und Arkebusiere
Das protestantische Heer
Nachhut
1 Tercio, 2 regiments, 2 Reiterregimenter
Hauptstreitmacht
3 Tercios, 1 Batterie Kanonen, 4 Regimenter, je einmal ein kleines Reiter- und Dragonerregiment
Kavallerie: 4 Reiterregimenter
Das Spiel
Frühphase
Das Spiel beginnt als Anholts Vorhut auftaucht. Er schickt seine Kavallerie mit dem Befehl los, den Fluss weit links zu überqueren. Derweil führt er seine Tercios geradewegs die Straße entlang zur Brücke, wo sie mit Musketenfeuer von den im Dorf verschanzten protestantischen Truppen willkommen geheißen werden. Die spanischen Veteranen stürmen das Dorf und es kommt zum blutigen Häuserkampf.
Die Kavallerie überquert den Fluss ohne große Probleme und bedrohen die ungeschützte Flanke des protestantischen Tercios. Dieser ist zu schwerfällig um sich rechtzeitig zur Flanke zu wenden.
Nach kurzer Zeit trifft die ligistische Kavallerie ein. Sie teilen sich auf: Der Großteil, fast alles Kürassiere, folgen ihren Reiterkameraden der Vorhut über den Fluss. Scheinbar hatten diese eine Furt gefunden. Der kleine Rest der Kavallerie bewegt sich zur rechten Flanke der Tercios um diese gegen Gegenangriffe abzusichern.
Die stärkste Einheit der Nachhut, der Tercio, hat Probleme in der Flanke und kriegt es einfach nicht hin sich neu auszurichten. Also bewegt sich das kleine Kommando von Dragonern die als Reserve dienen hinüber um den Feind zu stören.
Die schwer gepanzerten Kürassiere sind wenig gerührt davon und setzen zum Angriff auf die rotgekleideten Reiter an. Die Reiter fliehen, die Kürassiere folgen ihnen.
Letztendlich holen sie die Reiter ein, und das Regiment wird aufgerieben.
Die Arkebusiere sind weniger agil, und sind so dem Flankenfeuer der Dragoner ausgesetzt. Das verschafft dem Tercio in gelb gerade genug Zeit den Schwenk um 90° durchzuführen und sich den Arkebusieren zuzuwenden. Die Arkebusiere halten dem nicht Stand und fliehen.
Als hinten am Berg die protestantische Kavalleriereserve erfährt, dass sich massen schwarzgerüsteter Kürassiere über den Fluss wälzen fasst Christian der Jüngere einen kühnen Plan – er schnappt sich drei seiner Reiterregimenter und führt sie so schnell wie möglich vorwärts um die Kürassiere zu treffen während sie noch halb im Fluss stecken und bevor sie sich am anderen Ufer neu formieren können.
Tillys Hauptstreitmacht erscheint.
Die Tercios der Vorhut haben es gerade geschafft, Christians Musketiere aus dem Dorf zu vertreiben. Die unerfahrenen protestantischen Truppen zur Linken des Dorfs sehen ein, dass die Stellung nicht zu halten ist, und sie versuchen sich zur Hauptarmee zurückzuziehen. Feindliche Kürassiere beginnen den Fluss zu überqueren um ihnen zu folgen.
Hier ein Überblick darüber was in diesen frühen Spielphasen passiert:
Protestantische Reiter (niederländische Schule) treffen auf Kürassiere:
Das Kavalleriescharmützel wogt hin und her, doch die großen Formationen der gepanzerten Reiter stellen sich als zäher heraus. Christian gibt den Befehl wieder zur Hauptstreitmacht zurückzufallen, was auch gelingt.
In der Zwischenzeit haben sich die Tercios quälend langsam durch das enge Dorf bewegt, doch nun ist es geschafft. Es wird eine gigantische Marschkolonne gebildet; nur die beiden vordesten Tercios marschieren in Schlachtformation. Hinten am anderen Flussufer sieht man noch zwei der drei zurückgebliebenen Tercios, die Probleme haben in die Gänge zu kommen, trotz Gronsfelds bester Bemühungen.
Zur Rechten der riesigen Marschkolonne vernichten derweil die Kürassiere die neuen protestantischen Truppen die sich zurückziehen wollten.
Soviel zur ersten Runde dieses Kampfes (nicht wortwörtlich. 😛 Natürlich sind schon einige Spielrunden vergangen.). Die protestantische Nachhut ist so gut wie gebrochen. Der Tercio und die Dragoner, die sich so gut geschlagen hatten, fliehen auch kurze Zeit später.
Mittlere Spielphase
Die leichte kroatische Reiterei sieht die Gelegenheit gekommen. Sie reiten wie vom Teufel getrieben an den protestantischen Linien vorbei und in Richtung des Trosses. Fürchterlich!
Es dauert eine Weile, doch gerade im letzten Moment bevor der Tross verwüstet wird können die Kroaten von zwei Reiterregimentern aufgebracht und aufgerieben werden.
Die erleichterten Trossleute fahren bei ihrer Evakuierung fort.
Die leichte Reiterei hat für große Nervosität in den Rängen des Heeres des Halberstädters gesorgt. Tilly möchte dies ausnutzen gibt gibt allen Tercios den befehl in Schlachtformation zu gehen. Die Zeit für einen Generalangriff ist gekommen.
Der Zug hunderter von Wagen und tausender Menschen über die beiden Brücken verläuft recht zügig (trotz der kurzen kroatischen Intervention), also hat das ligistische Heer keine Zeit für Subtilitäten. Der Plan ist es, die Tercios als gigantischen Keil und die feindlichen Linien zu treiben, durchzubrechen und dem Feind dann den Gnadenstoß zu versetzen.
Wegen der guten Straßen und guten Disziplin ist die Infanterie schnell an den Feind herangekommen. Nun treffen die Kontrahenten direkt aufeinander. Die Kanonen des protestantischen Heeres brüllen ohne unterlass und feuern in jeweils den dritten und vierten Tercio in der Kolonne.
Auf der anderen Seite war dieser Schwenk evtl. unweise, denn die entstandene Lücke wird sofort von ehrgeizigen Arkebusenreitern ausgenutzt, die geradewegs über den Hügel zu allerletzten Gruppe von Trosswägen die noch nicht in Sicherheit gebracht wurden reiten. Schon wieder fürchterlich!
Ein Überblick über die Ereignisse in dieser Spielphase:
Das kleine Reiterregiment die schon geholfen haben die Kroaten zu vertreiben macht abermals kehrt und greift die Arkebusiere an, doch diese bekommen die Oberhand und die Reiter werden aufgerieben. Die Arkebusiere wenden sich wieder dem Tross zu.
Spätphase
Die beschädigten Dragoner von der linken Flanke versuchen nun ihr Glück bei einem verzweifelten Angriff auf die Arkebusiere die den Tross am Übersetzen hindern. Es ist ein Wagnis, denn die Dragoner könnten bei der Aktion genauso gut selbst ausgeschaltet werden. Doch es gelingt, und einmal mehr ist der Tross gerettet.
Von der Angst des immer wieder nahenden Feindes getrieben, schaffen es die letzten Wagen über die Brücke nach Stadtlohn. Die Protestanten haben ihren Moralsieg errungen! Die Frage ist, wie lange sie den Hügel noch gegen Tillys überlegenes Heer verteidigen können.
Da die rechte Flanke sicher ist machen das Hessische und das Böhmische Regiment kehrt, und unterstützen die gerade frisch rekrutierten Kameraden hinter den Kanonen (die Besatzungen waren in die Reihen der Pikeniere geflohen). Sie machen das selbe wie vorher gegen die Kürassiere – die Hessen geben Flankenschutz während die Böhmen die Unterstützung des Feindes auf’s Korn nehmen.
Abermals verfehlen die vernichtenden Salven in die Flanke ihre Wirkung nicht – der Tercio im Rücken des Angreifenden löst sich auf und über 1500 Männer suchen ihr Heil in ungeordneter Flucht.
Hier ein Überblick:
Endphase
Die Schlacht hängt nach wie vor in der Schwebe. Die protestantische Kavallerie mag gut aussehen, doch zwei ihrer drei verbleibenden (eine haben sie bereits verloren) Regimenter stehen kurz vor der Auflösung. Wird eines davon in die Flucht getrieben, muss die gesamte Kavalleriereserve anfangen Rückzugswürfe zu machen und wird sich evtl. bald auflösen.
Der Plan ist es also den Feind möglichst zu behindern ohne direkt in Kämpfe verwickelt zu werden. Eines der schwer angeschlagenen Regimenter wird zur Unterstützung in den Rücken der böhmischen Infanterie beordert. Christian der Jüngere führt die beiden anderen Reiterregimenter persönlich in ein weites Flankenmanöver in den Rücken des Feindes. Die simple Anwesenheit der Reiter in ihrem Rücken würde zu schweren Moralproblemen führen.
Oben rechts am Bild seht ihr die verbleibende katholische Kavallerie, die einen sehr ähnlichen Plan verfolgen.
Die ligistische Kavallerie ist bei ihrem Plan viel geschwinder und erfolgreicher: Ihre bloße Anwesenheit schlägt die Dragoner (die vorher noch so brav den Tross verteidigt haben) in die Flucht. Dann greifen sie die protestantischen Regimenter im Rücken an. Das ist zu viel für die Rekruten im Zentrum, und sie werden zerschlagen. Ebenso ergeht es dem wackeren hessischen Regiment.
Eines der protestantischen Reiterregimenter wird durch die Musketensalve eines Tercios aufgerieben und die restlichen Reiter müssen testen ob ihr gesamtes Flügel das Weite sucht.
Doch noch bleiben sie wacker und setzen ihrerseits zu Angriffen in den Rücken des Feindes an. Einerseits der Tercio im Zentrum, andererseits die Kürassiere die gerade noch dabei sind die fliehenden hessischen Soldaten niederzumachen.
Beide Angriffe scheitern jedoch, und die Reiter geben endgültig auf.
Die verbleibende protestantische Infanterie schlägt sich weiter wacker: Die Böhmen greifen einen ligistischen Tercio an, der so überrascht ist, dass er sich auflöst und im großen Schlachten am Berg wird ein weiterer Tercio zerschlagen. Mittlerweile müssen beide Seiten ständig testen, ob ihr gesamtes Heer kollabiert, alles wegen exzessiver Verluste:
Die katholische Armee schafft es gerade so länger auszuhalten (nicht zuletzt, weil Tilly ein fähigerer Kommandant als Christian ist), das Heer des „Tollen Halberstädters“ sucht das Heil in der Flucht.
Ein Sieg für die katholische Liga!
…doch im Grunde ein Gleichstand, denn es wurde durch Armeemoralwürfe entschieden. Und die protestantische Armee hat ihren Moralsieg erreicht indem der Tross rechtzeitig evakuiert wurde.
Ein Sieg für das protestantische Heer!
Ach, wer weiß. Alles in allem ein sehr passender Ausgang für eine Schlacht im dreißigjährigen Krieg – viel Gekämpfe, keiner will nachgeben und kämpft über jeden sinnvollen Punkt hinaus, alle sterben oder zumindest geht’s ihnen grässlich. 😛
Nachbetrachtungen
Das war also die erste richtige Schlacht. Wochenlang hab ich das Szenariobuch durchgeblättert und geschaut, was ich wohl mit meiner Sammlung (und Tischgröße) spielen könnte, während ich ein paar Einheiten mehr angemalt hab. Ich wollte für das erste richtig große Spiel weder Szenario noch Größe ändern, sondern es so wie im Buch angegeben spielen.
Dann fand ich Stadtlohn. Dafür fehlten mir genau fünf Bases Musketiere (denn aus irgendeinem Wahn heraus hatte ich eine ungerade Anzahl Musketierbases gemalt) und zwei neue Kavallerieeinheiten. Hurra!
Und ja, das war eine große Schlacht, doch das Szenario gefällt mir. Der Ablauf hat mich unterhalten. Da ich beide Seiten gespielt hab war ich wohl nicht so auf Zack wie als wenn ich nur eine Seite spielen würde. Ich glaube, dass die Liga einen klaren Sieg hätte davontragen können, wenn ich die riesigen Kolonne gleich auf zwei aufgeteilt hätte oder an mehreren Punkten angegriffen hätte. Wer hätte denn wissen können, dass die protestantischen Regimenter so eisenhart auf ihrem Hügel stehen bleiben würden?
Jedoch war einfach keine Zeit um das Heer gescheit für die Schlacht aufzustellen (also in zwei Treffen, usw.), denn es wurden ja ständig die Trosskarren über die Brücken gebracht, und das wollte ich auf Seiten Tillys natürlich unterbinden.
Wie auch immer, es war ein spaßiges Spiel. Ich glaube, ich hab die Regeln jetzt recht gut drauf. Ein möglicher Kritikpunkt den Leute evtl anbringen könnten bei diesen Regeln ist, dass sobald es an’s Kämpfen geht die Würfel doch stark entscheiden. Allerdings deckt sich das mit dem was ich über Schlachten aus der Zeit lese, und es geht ja eben darum a.) Reserven zu haben und b.) die Einheiten an direkter Front rechtzeitig durch Frische auszutauschen. Hinten im Regelbuch gibt’s eine alternative Regel die den Gebrauch von Averaging Dice (also Würfel die die Zahlen 2, 3, 3, 4, 4, 5 zeigen) anstatt regulärer Sechsseiter vorschlägt. Vielleiucht probier ich das nächstes Mal aus.
Danke für’s Reinschauen! Ich hoffe, dass ihr diesen Spielbericht interessant und unterhaltsam findet. Wenn ihr Fragen habt oder Kommentare – unten ist der Platz dafür! Direkt könnt ihr mich über die Tabletop Stories Facebookseite über Battle Brush Studios, die Battle Brush Studios Facebookseite oder Twitter erreichen!
Wie immer ein wunderbar illustrierter und detailliert recherchierter Spielbericht. Danke für die Inspiration!
Danke dir für’s Reinschauen und Kommentieren!