Nachdem es wieder sechs Monate her ist, dass ich Twilight of Divine Right gespielt habe, kam Cpt.Shandy wieder zu einer Partie vorbei. Diesmal gingen wir das Szenariodesign anders an.
Das Szenario
Anstatt eines aus dem Szenario-Buch für den Dreißigjährigen Krieg (Europe’s Tragedy) zu verwenden, habe ich ein schönes kleines Buch, das ich vor ein paar Jahren bekommen habe, zur Hand genommen:
Ich habe vor einiger Zeit eine Rezension zu diesem Buch geschrieben; die ich wahrscheinlich auch hier irgendwann mal posten werde. Vorerst müsst ihr mit dem externen Link Vorlieb nehmen. 😉
Nach etwas Rumgeblättere und Abwägen, welche Szenarien für das Spiel passen könnten entschied ich mich für Szenario #4 (Encirclement or Breakout). Nichts wurde geändert, wir haben einfach das Ding 1:1 aus dem Buch übernommen.
Ein kaiserliches Kommando (rot) jagt einer kleineren schwedischen Truppe (2) hinterher in feindliches Gebiet. Der Kommandant verzichtet auf ordnungsgemäße Aufklärung und findet seine Einheit umgeben von feindlichen Truppen (1, 2, 3). Jetzt ist es an der Zeit, schnell kehrt zu machen und unversehrt zu den eigenen Linien zurückzukehren!
Kaiserlich-ligistisches Detachement (beginnt in Richtung 2 blickend):
Gen. Graf Felix von Reinach
- 4 Tercios (Regimenter Breuner, Baden-Baden, Colloredo & Kehraus)
- Piccolomini Arkebusiere
- Von Götz Kürassiere (kleines Regiment)
- 2 Batterien Feldgeschütze
Schwedisch-protestantische Truppe:
1:
- 2 Regimenter (Regimenter Schleinitz & Von Trott)
- Carbergs sächsische Reiter
2 (beginnen direkt von den Kaiserlichen wegblickend):
- Gen. Bernhard von Sachsen-Weimar
- 2 Schwedische Brigaden (Gelbes Garderegiment & Regiment Aus dem Winckel)
- Finnische Kavallerie
- Västgöta Kavallerie
- 2 Batterien Feldgeschütze
3:
- 3 Regimenter (Goldstein, von Uslar & Erpach)
- 2 Batterien Feldgeschütze
Das Spiel
Wir stellen die Truppen auf und würfeln, wer auf welcher Seite spielen soll. Cpt. Shandy würde das Kommando über die schwedischen und protestantischen Verbündeten übernehmen, ich würde die Rolle von Graf Reinach übernehmen.
In der Mitte des Tisches haben wir die kaiserlichen Truppen in Kolonne eingesetzt, um die schwedischen Regimenter zu jagen.
Bernhard beschließt, dass es an der Zeit ist, die schwedische Truppe anzuweisen, anzuhalten und sich dem Gegenangriff zuzuwenden.
In den frühen Phasen des Spiels stürmen alle protestantischen Reiter auf meine Truppen zu, um sie festzunageln. Derweil bewegt sich die feindliche Infanterie zu meiner Linken in den Rücken meiner Truppe. So wollen sie meinen offensichtlichsten Rückzugskorridor vom Tisch abriegeln.
Dann gelingt es den Regimenten Kehraus und Colloredo endlich, nach hinten zu marschieren. Leider ist der Rest meiner Frontlinie (die sich hastig zumindest noch kampfbereit machen können) in Scharmützel mit der schwedischen Kavallerie verwickelt. Hier mache ich einen entscheidenden Fehler, indem ich eine riesige Lücke in meiner Streitmacht schaffe.
Vielleicht sehen sie die Chance, vielleicht wären sie ohnehin einfach reingestürmt – so oder som, die finnischen Reiter, heidnische Flüche heulend, galoppieren frontal in das Regiment Baden-Badens. Mit den sächsischen Reitern im Rücken kollabiert die Formation sofort. Oh oh…..
Die finnischen Reiter sehen ihre Arbeit noch lang nicht als erledigt an, und stürmen in von Götz‘ Kürassiere. Auch sie werden zurückgeworfen.
Die hartgesottenen, seltsam gekleideten Kerle treiben ihre hartgesottenen, seltsam aussehenden Pferde noch weiter an, um die fliehenden Kürassiere zu verfolgen, treffen dabei aber auf Kehraus‘ Tercio.
Die Infanterie schafft es schließlich, den Ansturm der Finnen zu stoppen. Sie nehmen Schaden und ziehen sich zurück zu ihren Linien.
Inzwischen versuchen die sächsischen und schwedischen Västgöta- Reiter den gleichen Trick, den sie zuvor beim Baden-Badener Regiment angewandt haben:
Die schwedische Kavallerie, mit dem gelben Garderegiment im Rücken, greift Breuners Fußregiment an. Von hinten eröffnen Carbergs sächsische Reiter das Feuer auf Breuners Burschen.
Hier ist ein Überblick über die Situation zu diesem Zeitpunkt:
Es gibt viele blaue Pfeile und nur einen roten (der eine unfreiwillige Bewegung darstellt). Dies allein veranschaulicht die Dynamik des Kampfes: Meine Formationen schaffen es einfach nicht, irgendeine Art von Initiative zu ergreifen. Das könnte sich als tödlich erweisen, da sich der Ring um meine Truppen mit jedem Zug enger zusammenzieht.
Zumindest hält Breuners Regiment vorerst. Die Kanonen (die es gerade noch geschafft haben, nicht von der schwedischen Kavallerie überrannt zu werden) protzen ab und beginnen mit dem Unterstützungsfeuer für Breuner. So werden sie die schwedische Kavallerie (vorläufig) los.
Das schwedische Garderegiment hängt als Damoklesschwert jedoch noch über ihnen am Hang.
Jetzt beginnen sich auch meine Piccolomini-Harquebusiere (die bisher nichts getan haben) zu bewegen und bedrängen die sächsischen Reiter in Breuners Rücken. Vielleicht ist doch nicht alles nicht verloren.
Nein, denn jetzt kommen die hessischen Regimenter an. Es ist die protestantische Teilstreitmacht #3, und einfach nur den Rückzug abriegeln ist ihnen zu langweilig geworden. Nun greifen sie ebenfalls ein.
Gerade als sich von Götz‘ Kürassiere sammeln, kommt Erpachs Fußregiment an, um hinterrücks in Stücke zu schießen. Die letzten Worte ihres Offiziers zitieren den Vorfahren des Regimentsinhabers.
Das andere hessische Regiment (von Uslar) rückt hinter meinem Regiment Kehraus auf, als sie sich darauf vorbereiten, die protestantische Kavallerie in Breuners Rücken zu zerschlagen.
In den folgenden Phasen gelingt es mir, einige schwedische Kavallerie zu zerstören und ein protestantisches Infanterieregiment niederzumachen, aber Kehraus‘ Tercio ist zwischen Aus dem Winckels Swedischer Brigade und Von Uslars Hessen gemahlen. Breuners Tercio bricht dann ebenfalls zusammen. Damit habe ich im Grunde kaum mehr Truppen übrig, und ich muss aufgeben.
Ein schwedisch-protestantischer Sieg!
Nachbetrachtung
Das war interessant. Meine Leuts sind überhaupt nicht in Bewegung gekommen. Meine Würfelwürfe waren abgründig, aber was mir eigentlich das Kreuz gebrochen hat, war der riesige Fehler, eine Lücke zu öffnen, in die die gegnerischen Reiter schlüpfen und während des gesamten Spiels schrecklichen Schaden anrichten konnten.
Als Cpt.Shandy schon früh seine ärgerliche, aber pot Kavallerie schickte, um mich festzunageln, hoffte ich, ich könnte sie gleich per Musketen abfertigen, und dann die Infanterie einzeln zerstören oder einfach vom Tisch marschieren. Um das zu erreichen, hätte ich ein riesiges Karree bilden sollen, die Kavallerie abprallen oder wegschießen lassen sollen. Wär auch gepokert gewesen, aber ALLES wäre geschickter gewesen, als so ein unkoordinierter Halbabzug.
Im Nachhinein stellt sich die Situation wohl immer etwas klarer dar. 😛
Nach dem Spiel haben wir noch das Szenario besprochen, das eindeutig ein Interessantes und historisch gesehen sicherlich kein Unübliches ist. Unter anderem stand die Frage im Raum, inwiefern das Spiel anders gelaufen wäre, wenn die Rollen verkehrt worden wären. Vielleicht finden wir’s mal raus.
So oder so, es ist ein sehr interessantes Szenario. Die üblichen Kampflinien sind völlig zersplittert, und die beteiligten Kräfte sind in der Regel etwas kleiner als in den Schlachten aus dem Szenario-Buch des Dreißigjährigen Krieges (von denen einige episch in ihren Ausmaßen sind). Sehr interessant und lustig zu spielen.
Dasselbe gilt natürlich für die Twilight of Divine Right Regeln im Allgemeinen. Ich muss Baroque noch einmal spielen, und Tilly’s Bad Day würd ich gern ausprobieren, aber momentan ist ToDR mein Lieblingsregelwerk für diese Epoche.
Danke fürs Lesen, danke an Cpt. Shandy (schaut auf seinem Blog vorbei!) fürs Spielen, und ich hoffe, dass dir dieser Spielbericht gefallen hat!